Kann es ein Zuviel an Zufriedenheit in Ihrem (Führungs-)Team geben?
Gibt es ein Zuviel an Zufriedenheit? Ein aktueller Auftrag zum Thema Organisationsentwicklung hat mich dazu gebracht mich mit dieser Frage näher zu beschäftigen. Eine Teamanalyse brachte mich richtig zum schwitzten. In meiner Analyse war ich ganz kurz an dem Punkt angekommen, zu sagen: „Alles ist wunderbar, sie brauchen mich nicht.“
Doch halt, dachte ich mir, die Geschäftsführerin ist clever, die kommt nicht ohne Grund zu mir, auch wenn es nur ein Gefühl bei ihr ist. Also schaute ich nochmal genauer hin: Worüber spricht das Team nicht. Und da fiel mir auf, dass über die Themen, die der Geschäftsführerin wichtig sind, nicht gesprochen wird. Wie zum Beispiel: Wachstum, ja das wäre nett und die Inhaberin hat das schon mal gesagt, aber das ist ja noch weit weg. Das waren nicht genau die Worte, aber die Botschaft war klar. Wir sind erfolgreich und wir müssen gute Qualität abliefern. Dann bleibt alles gut.
Die Mitarbeiter*innen sind sehr zufrieden und das stärkt das Unternehmen, denn sie engagieren sich sehr, kommen gerne zur Arbeit und ihre Arbeitsqualität ist auf einem hohen Niveau.
Doch sie geben sich ein bisschen zu sehr mit den gegenwärtigen Erfolgen zufrieden. Und daraus erwuchs in mir die Frage, kann es ein Zuviel an Zufriedenheit geben?
Was ist Zufriedenheit?
Wikipedia gibt hier eine erste gute Definition: „Unter Mitarbeiterzufriedenheit … wird in der Betriebswirtschaftslehre die Einstellung in Bezug auf das Arbeitsumfeld, die sich aus dem abwägenden Vergleich zwischen dem erwarteten Arbeitsumfeld (Soll) und dem tatsächlich wahrgenommenen Arbeitsumfeld (Ist) ergibt, verstanden.“
Dabei können unterschiedliche Kriterien herangezogen werden, je nachdem, was den einzelnen Mitarbeiter*innen wichtig ist. So können es die allgemeinen Arbeitsbedingungen sein, wie Arbeitsplatzgestaltung, Arbeitszeiten, Prozessabläufe, Vorgesetztenverhalten, Standort des Arbeitsnehmers, Image des Arbeitgebers, aber auch Kommunikationskultur im Unternehmen oder die Art und Weise wie Beziehungen zu Kolleg*innen gepflegt werden.
Ist nun Mitarbeiterzufriedenheit gut oder hinderlich? Es gibt wie so oft in der Welt ein sowohl als auch. Deshalb führe ich Ihnen hier die Pros und Contras der Zufriedenheit bei Mitarbeiter*innen im Überblick auf, bevor ich auf die Punkte näher eingehe.
Pros & Cons Zufrieden sein und zufrieden geben
Zufriedenheit, die den Wandel fördert
- Erhöhte Arbeitsproduktivität
- Erhöhte Loyalität der Mitarbeiter
- Verbesserte Kundenerfahrung
- Verbesserte Bindung und Motivation der Mitarbeiter*innen
- Image als Arbeitgebermarke wächst
Zufriedenheit, die den Wandel blockiert
- Engagementmangel
- Verhinderung von Veränderungen
- Unzufriedene Mitarbeiter werden übersehen
- Beeinträchtigung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit
- Mitarbeiter*innen schauen nicht mehr kritisch auf die Prozesse und das Team: Betriebsblindheit stellt sich ein
- Persönliche Entwicklung nimmt ab
Wie Mitarbeiterzufriedenheit unterstützend für die Unternehmensziele und das Wohlbefinden wirkt:
Verbesserte Kundenerfahrung
Sind Mitarbeiter*innen unzufrieden, merken das die Kunden. Schlechte Laune, Widerwilligkeit und fehlendes Engagement führen zu einer schlechten Kundenbeziehung.
Das gilt aber auch umgekehrt: Geht es den Mitarbeiter*innen gut, dann werden sie entsprechend positiv auf die Kunden zugehen, die erleben viele positive Momente mit dem Unternehmen und dies führ auch zu zufriedenen Kunden.
Erhöhte Arbeitsproduktivität
Viele Studien belegen die Arbeitsproduktivität steigt, wenn Mitarbeiter*innen zufrieden sind. Dies liegt unter anderem daran, dass die Krankenstände sinken, die Unternehmen leichter qualifizierte Mitarbeiter*innen gewinnen können, die Kreativität und Effizienz steigt.
Erhöhte Loyalität der Mitarbeiter
Wer Zufrieden ist identifiziert sich mehr mit dem Unternehmen und zeigt sich loyal.
Es ist ein Geben und Nehmen: Die Mitarbeiter*innen werden unterstützt, bekommen wohltuende Arbeitsbedingungen und die Beziehungen untereinander werden gestärkt, Respekt und Fairness sind dem Unternehmen nicht nur wichtig, sondern werden auch gelebt: Dafür zeigen sich Mitarbeiter*innen gegenüber dem Unternehmen loyal und fair
Verbesserte Bindung und Motivation der Mitarbeiter*innen
Wieso etwas ändern, wenn es gut läuft? Wenn Mitarbeiter*innen mit ihrem Job und den Arbeitsbedingungen zufrieden sind, wieso etwas ändern?
Das Risiko durch einen Jobwechsel Zufriedenheit gegen Unzufriedenheit einzutauschen, wird höher, je zufriedener alle sind. Deshalb sinkt die Fluktuation je mehr Zufriedenheit herrscht.
Image als Arbeitgebermarke wächst
Wer zufrieden ist erzählt das auch gerne weiter. Und genau das führt dann dazu, dass man weiß, da macht das Arbeiten Spaß und man bekommt, was man will.
Das unterstützt das positive Unternehmensimage und kann Bewerber anziehen.
Zuviel Zufriedenheit als Blocker
Engagementmangel und Beeinträchtigung der Effizienz und Wirtschaftlichkeit
Wenn es mit wie der Made im Speck geht und ich scheinbar nichts mehr tun muss, damit ich erfolgreich bin, wieso sollte ich dann noch ein Engagement zeigen?
Natürlich handeln nicht alle so, gerade die, die einen hohen Sinn in ihrer Arbeit sehen. Auf der anderen Seite ist die Verlockung es sich bequem zu machen, gerade wenn man denkt, es läuft doch sehr groß.
Damit nehmen dann auch die Effizienz und Wirtschaftlichkeit im Unternehmen ab.
Verhinderung von Veränderungen
Wenn man sich überlegt, wie wird ein Team zufrieden, dann ist das oft so, dass viel Fleiß, Beweglichkeit, Ausprobieren, hinfallen besser machen und nochmal hinfallen dazugehören, bis sich Erfolg einstellt.
Der Weg zur Zufriedenheit ist gepflastert mit Frustration, Unsicherheit, Mut und Risiko und vielem mehr. Sie kennen all die Hindernisse, die man aus dem Weg räumen muss.
Und wenn jetzt die Rahmenbedingungen sich geändert haben, dann entsteht (wieder) Unsicherheit, Ungewissheit, ob man genauso erfolgreich mit dem neuen wird, das eigene Handeln und zum Teil die eigene Identität wird in Frage gestellt.
Das blockiert und hindert das Team sich den neuen Herausforderungen zu stellen. Doch zum Glück können Führungsteams dem entgegenwirken.
Mitarbeiter*innen schauen nicht mehr kritisch auf die Prozesse und das Team Betriebsblindheit stellt sich ein
Es haben sich viele Routinen eingestellt, die nicht mehr hinterfragt werden, weil sie irgendwann zum Normalfall wurden. Und es funktioniert ja auch (irgendwie).
Doch das lässt das Team blind werden, ob die Prozesse sinnvoll, effektiv und effizient sind. Es fehlt an Fortschritt und Weiterentwicklung der Organisation
Persönliche Entwicklung nimmt ab
Und nicht nur die Organisation Entwickelt sich nicht mehr weiter, auch Mitarbeiter*innen sehen weniger die Notwendigkeit sich weiterzuentwickeln, da sie durch harte Arbeit ihren Wissenstand auf ein hohes Niveau gestellt haben.
Doch auch Wissen kann veralten. Eine echte Gefahr für ein Unternehmen.
Wenn man die negativen Auswirkungen von Mitarbeiter*innen – Zufriedenheit betrachtet, dann fällt auf, dass ein Zuviel an Zufriedenheit damit zusammenhängt, dass Mitarbeiter*innen sich mit dem, was ist, zufriedengeben oder keinen Mut haben, Neues zu wagen
Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass Sie in einer Teamanalyse genau hinzusehen, aus welchem Grund ein Team zufrieden ist.
Wenn es sich zufriedengibt oder große Bedenken/Sorgen oder gar Angst hat, dass Veränderungen den Status Quo verschlechtern, dann braucht es Steuerung durch die Führungsspitze.
3 Tipps, wie Sie es schaffen, dass Ihr Team sich nicht mit dem Status Quo zufriedengibt
Notwendigkeit des Wandels aufzeigen
Ihr Team übersieht in der Zufriedenheit gerade, dass sich etwas im Markt oder bei den Kunden geändert hat. Oder ist so sehr mit den operativen Aufgaben beschäftigt, weil es gerade so gut läuft, dass keiner Zeit hat, darüber nachzudenken, was zu tun ist, um es weiter gut laufen zu lassen oder Wachstum zu generieren. Deshalb braucht es die Erkenntnis bei Ihrem Team, dass sich zufrieden geben mit dem, was ist, nicht ausreicht und Kapazitäten geschaffen werden müssen, um neu/anders zu denken. Sie haben bestimmt schon die Einsicht bekommen. Um so wichtiger ist es, dass Sie steuern, dass sie mit Ihrem Team diese Erkenntnis teilen.
Deshalb liegt es an Ihnen, dass Ihre Mitarbeiter*innen aus dem Zufriedenheitsloch rauskommen. Dazu braucht es ein tieferes Verständnis, wozu der Wandel notwendig ist:
Klären Sie mit Ihrem Team, was sich verändert hat und welche Auswirkungen es haben wird, wenn Sie genauso weitermachen wie bisher.
Finden Sie ein Ziel/eine Vision, die für alle im Unternehmen attraktiv und erstrebenswert ist. Zeigen Sie die Vorteile der Veränderung auf, die das Team und Ihr Kunde haben wird, wenn alle an einem Strang ziehen.
Haben Sie ein gemeinsames klares Verständnis was Sie von den Mitarbeiter*innen erwarten, aber auch umgekehrt, was die Mitarbeiter*innen von Ihnen erwarten. Sorgen Sie für ausreichend Austausch darüber.
Wozu braucht es Anstrengung? Was ist das Ziel: Klares Verständnis, was Sie von den Mitarbeitern erwarten und umgekehrt, was die Mitarbeiter von Ihnen erwarten
Raum und Zeit geben über die Veränderungen nachzudenken und sich damit anzufreunden
Nur wenn der Rahmen für das Team gegeben ist, um sich für Veränderungen zu öffnen, kann das Neue in das Team einziehen.
Sie kennen das: über lange Zeit haben Sie Ihre Arbeit gut gemacht, Ihre Werte, nach denen Sie gelebt haben, wurden von den meisten anerkannt und es gab viel Lob für Ihr Engagement. Und auf einmal soll das alles keine Gültigkeit mehr haben?
Alle gemachten Erfahrungen, sollen über Bord geworfen werden? Dass das nicht funktioniert, wird jedem der das liest einleuchten.Doch oft passiert genau das: Die Führungsspitze hat den Prozess schon durchlaufen und ist sich bewusst: So kann es nicht weitergehen. Jetzt glaubt das Führungsteam, dass alle anderen im Unternehmen das auch so sehen sollten.
Dabei braucht es jetzt zuerst Verständnis für die Sorgen, Ängste und das Gefühl, dass etwas Bedrohliches auf das Unternehmen zukommen kann. Das Unternehmen wird, sich durch neue Verhaltens- und Denkmuster in für das Unternehmen unsichere Themen und Bereiche vorwagen.
Da braucht es ein Netz, das das Team auffängt und neue Sicherheit ermöglicht. Und sei es dadurch, dass man gemeinsam in der Organisation überlegt, welche Gefahren und Risiken kommen auf uns zu? Und was machen wir, wenn es soweit ist? Ab welchem Punkt machen wir den Sicherheitsschirm auf?
Gibt es solche klaren Regeln ist es einfacher mutig zu sein. Und mindestens ein Team sollte mutig vorangehen: Die Führungsspitze.
Damit werden Sie zum Modell für alle in der Organisation (wohlgemerkt, die Vereinbarungen was sich ändern soll, kann und sollte im besten Fall mit allen in der Organisation gemeinsam erarbeitet und beschlossen werden). Die Mitarbeiter*innen erkennen, jetzt geht es los und unsere Führungskräfte stehen hinter dem Wandel.
Sorgfältig abwägen, welche Veränderungen erforderlich
Damit die Schritte nicht zu groß und zu viele Schritte auf einmal gegangen werden, ist es wichtig genau abzuwägen, welche Veränderungen gerade Priorität haben.
Eine Limitierung auf wenige Schritte ermöglicht es zum einen, schnell zu lernen, was funktioniert und was nicht und es vergrößert die Wahrscheinlichkeit, dass sich alle im Unternehmen auf diese Schritte fokussieren und damit frühe Erfolge wahrscheinlicher werden. Mehr zu Fokussierung und Limitierung finden sie hier.
Eine Kultur der Offenheit und des Austauschs schaffen
Schaffen Sie ein Arbeitsumfeld, das es den Mitarbeitern ermöglicht, sich zu entwickeln, zu lernen und zu wachsen.
Bieten Sie ein flexibles Arbeitsumfeld, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Geben Sie Mitarbeitern die Möglichkeit, ihre Ideen und Meinungen zu äußern
Sorgen Sie dafür, dass möglichst viele im Unternehmen ein growth Mindset entwickeln oder bereits haben. Das sind die Multiplikatoren, die Wachstum und Veränderungen zulassen.
Doch Achtung! Bekämpfen Sie nicht die Mitarbeiter*innen, die ein Fixed Mindset haben. Diese sind genauso wichtig, denn sie sorgen dafür, dass Stabilität im Unternehmen bleibt. So würdigen Sie beides: Stabilität und Wachstum.
Zugespitzt
Ein Zuviel an Mitarbeiter*innen – Zufriedenheit kann es nicht geben aus meiner Sicht. Menschen, die gerne zur Arbeit kommen, sind unersetzlich für jedes Unternehmen.
Doch wenn Mitarbeiter*innen sich zufrieden geben, dann gilt es zu handeln.
Wie ist es bei Ihnen? Sind Ihre Mitarbeiter*innen zufrieden oder geben sie sich zufrieden?
Eine Teamanalyse kann Ihnen Aufschluss darüber geben, wo Sie und Ihr Team stehen.
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