Wie gehe ich mit Fehlern in meinem Team um? – Die Bedeutung einer positiven Fehlerkultur in Unternehmen
Peter Senge sagte: „Ein Fehler ist ein Ereignis, dessen großer Nutzen sich noch nicht zu Deinem Vorteil ausgewirkt hat.“
Damit sich Fehler positiv auswirken können, braucht es eine Fehlerkultur, in der scheitern als Lernchance begriffen wirden. Das ist wichtig, da sie gemeinsam mit Vertrauen in die Mitarbeitenden den Boden für eigenverantwortliches Verhalten bereitet, Mut fördert, eigene Entscheidungen zu treffen, Kreativität zulässt und eine motivierende Arbeitsatmosphäre schafft, die Leistungsstärke fördert.
Was ist ein Fehler?
Bevor wir uns den Fragen einer positiven Fehlerkultur widmen, ist es wichtig zu klären, was ein Fehler überhaupt ist.
Laut Wikipedia ist ein Fehler „die Abweichung eines Zustands, Vorgangs oder Ergebnisses von einem Standard, den Regeln oder einem Ziel“. Er wird auch als „Merkmalswert, der die vorgegebenen Forderungen nicht erfüllt“ und als „Nichterfüllung einer Anforderung“ definiert. Dabei wird die Anforderung als „Erfordernis oder Erwartung, das oder die festgelegt, üblicherweise vorausgesetzt oder verpflichtend ist“ beschrieben.
Diese Definition verdeutlicht, dass ein Fehler nie ohne den Kontext, in dem er gemacht wurde, als Fehler bezeichnet werden kann. Nur wer einen Standard, eine Regel oder ein Ziel definiert hat, kann auch eine Abweichung feststellen. Doch was, wenn die festgelegte Größe an sich nicht erreichbar oder sogar nicht effektiv ist? Ist es dann falsch, wenn das Verhalten sich nicht mehr daran ausrichtet?
Kontextualisierung von Fehlern
Führungskräfte müssen sich immer wieder diese Fragen stellen, um den Mitarbeitenden ein faires und wertschätzendes Feedback geben zu können und deren Entwicklung zielgerichtet zu steuern. Dabei stellt sich auch die Frage, ob das richtige Ziel oder die richtige Regel festgesetzt wurde und ob es einen besonderen Anlass zur Abweichung gab. Erst dann kann das Verhalten der Mitarbeitenden beurteilt werden. Ein Verhalten, das in einem Kontext als Fehler gilt, kann in einem anderen Kontext förderlich sein. Beispielsweise braucht man in einem dynamischen Umfeld mutiges und flexibles Verhalten der Mitarbeitenden, während in einem statischen und risikoreichen Umfeld Vorsicht und Regelkonformität wichtiger sind.
Kriterien für Fehlertoleranz
Um als Führungskraft eine sinnvolle und gerechte Fehlertoleranz zu entwickeln, sind folgende Kriterien zu berücksichtigen:
Zuverlässigkeit
Wenn viel auf dem Spiel steht, muss die Fehlertoleranz gering sein. In sicherheitskritischen Bereichen, wie in der Medizin, ist es entscheidend, dass Inkorrektheiten minimiert werden, da die Konsequenzen gravierend sein können.
Auswirkungen auf die Funktionalität
Wenn ein System oder Produkt trotz Fehlern weiter funktioniert, kann die Fehlertoleranz höher sein. Ein Beispiel wäre Softwareentwicklung, wo kleinere Bugs tolerierbar sind, solange sie keine kritischen Funktionen beeinträchtigen.
Reparaturfähigkeit
Wenn ein Fehlgriff schnell und kostengünstig behoben werden können, kann die Führungskraft mehr Experimentierfreude zulassen. In Bereichen, wo schnelle Lösungen und iterative Verbesserungen möglich sind, wie im Prototyping, ist eine höhere Toleranz sinnvoll.
Sicherheitsanforderungen
In sicherheitskritischen Umgebungen müssen Fehler minimiert werden. Hier steht die Vermeidung von Risiken im Vordergrund, da Abweichungen schwerwiegende Folgen haben können.
Die subjektive Natur der Fehlertoleranz
Obwohl diese Kriterien an Zahlen, Daten und Fakten messbar gemacht werden können, bleibt die Einschätzung des akzeptablen Risikos subjektiv. Deshalb ist es immer besser, wenn Führungskräfte mit ihren Mitarbeitenden im Vorfeld über die Grenzen sprechen. Konkrete Beispiele helfen dabei, diese Diskussionen zu führen und ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.
Elemente einer positiven Fehlerkultur
Eine positive Fehlerkultur ist mehr als nur der Umgang mit Fehlern. Sie umfasst auch eine Vertrauenskultur, die Mut und Innovation fördert. Zwei wichtige Aspekte hierbei sind:
Vertrauenskultur für Innovation
Nur wer keine schlimmen Konsequenzen fürchten muss, wird aktiv und probiert neue Wege aus. Führungskräfte müssen ihren Mitarbeitenden vertrauen, dass sie verantwortungsvoll handeln und auch bei neuen Wegen die möglichen negativen Auswirkungen bedenken.
Offene Kommunikation
Mitarbeitende müssen sich trauen, Fehler offen anzusprechen. Führungskräfte sollten Fehlerbenennungen loben, unabhängig davon, wie schlimm der Fehler ist. Das ermöglicht konstruktive Lösungen und Lernen aus Erfahrungen.
Aufbau eines Kontrollsystems
Um Vertrauen aufzubauen, braucht es auch ein Kontrollsystem, das das Team vor Fehlern schützt. Kontrolle bedeutet hier, dass Fehler frühzeitig erkannt werden, um sie zu beheben, bevor sie größere Probleme verursachen. Dies unterstützt eine Lernkultur, in der Fehler nicht wiederholt werden.
Förderung einer positiven Fehlerkultur
Klarheit über Ziele und Regeln
Führungskräfte und Teams sollten gemeinsam Ziele, Standards und Regeln erarbeiten. Ein gemeinsames Verständnis und das Commitment aller Beteiligten sind entscheidend für eine positive Fehlerkultur.
Definierung von Grenzen
Es ist wichtig, klare Grenzen zu setzen, was akzeptabel ist und was nicht. Diese können gemeinsam im Team festgelegt werden, um ein gemeinsames Verständnis und Akzeptanz zu erreichen.
Positiver Umgang mit Fehlern
Führungskräfte sollten Fehler als Lernchancen sehen und Mitarbeitende ermutigen, offen über Fehler zu sprechen. Ein respektvoller und verständnisvoller Umgang ist entscheidend, um eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit zu fördern.
Ursachenforschung und Lösungsorientierung
Bei Fehlern sollte der Fokus auf Ursachen und Lösungen liegen, nicht auf Schuldzuweisungen. Dies ermöglicht es, aus Fehlern zu lernen und Prozesse zu optimieren. Indem die Ursachen konkret analysiert werden, können nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die zukünftige Fehler vermeiden.
Lernkultur und kontinuierliche Verbesserung
Eine positive Fehlerkultur fördert eine Lernkultur, in der aus Fehlern gelernt und Verbesserungen kontinuierlich umgesetzt werden. Dies steigert die Qualität, Quantität und Zufriedenheit der Arbeit jedes Einzelnen und des Teams insgesamt. Führungskräfte sollten regelmäßig die Rahmenbedingungen überprüfen, um sicherzustellen, dass sie weiterhin angemessen sind.
Das richtige Mindset zu Fehlern
Führungskräfte und Teams müssen das passende Mindset zu Fehlern entwickeln. Es geht darum, einen ausgewogenen Grad an Perfektionismus und Gelassenheit zu finden. Im agilen Kontext bedeutet dies, frühzeitig und kostengünstig zu scheitern und aus Fehlern zu lernen. Eine Kultur des angstfreien Umgangs mit Fehlern ist hierbei essenziell.
Angst vor Fehlern abbauen
Die Angst etwas falsch zu machen, kann sowohl im Verhalten des Teams als auch in einzelnen Personen begründet sein. Führungskräfte sollten daran arbeiten, diese Ängste abzubauen und eine Kultur zu fördern, in der Fehler als notwendiger Bestandteil des Lernens und Wachstums akzeptiert werden. Rationales und emotionales Verständnis für die Bedeutung von Erfahrungen und iterativem Vorgehen sind hierbei entscheidend.
Anerkennung von Verbesserungen
Führungskräfte sollten nicht nur das Endergebnis bewerten, sondern auch den Fortschritt und die Verbesserungen im Vergleich zu vorherigen Ergebnissen anerkennen. Jede Verbesserung, auch wenn sie noch so klein ist, sollte wahrgenommen und geschätzt werden. Dies fördert eine Kultur des kontinuierlichen Lernens und der Verbesserung.
Null-Fehler-Toleranz in kritischen Bereichen
Es gibt Situationen, in denen eine Null-Fehler-Toleranz notwendig ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn:
- Die Existenz des Unternehmens bedroht ist.
- Ausfälle oder Rückschläge nur mit enormem Aufwand oder gar nicht überbrückbar sind.
- Knappe Ressourcen gefährdet sind.
In solchen Fällen müssen klare Konsequenzen und Maßnahmen definiert werden, um Fehler zu vermeiden.
Eine passende Fehlerkultur für das Team schaffen
Spaß am Scheitern
Scheitern sollte als Chance gesehen werden, neue Wege zu finden und Ziele zu überdenken. Selbst die verrücktesten Ideen können zu machbaren Maßnahmen verändert werden. Fragen Sie sich beim Scheitern: Welche Alternativen sind möglich? Was würde ich tun, wenn ich mein Ziel größer oder kleiner mache? Was hat andere erfolgreich gemacht? Wie kann ich den Engpass erweitern? Welche Puffer muss ich einbauen?
Verantwortungsübernahme und Handeln
Verantwortung zu übernehmen, bedeutet Handeln und Lösungen ins Rollen zu bringen. Führungskräfte sollten die Mitarbeitenden dazu ermutigen, Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen und die Konsequenzen zu tragen. Dies fördert eine Kultur des Vertrauens und respektvollen Umgangs mit Fehlern.
Ursachenforschung und Prozessoptimierung
Wenn Fehler gefunden werden und die Ursachen konkret bekannt sind, können nachhaltige Lösungen entwickelt werden, die zukünftige Fehler vermeiden. Prozesse können optimiert und Kontrollmechanismen eingebaut werden, um Fehler frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Zeit-Puffer aufbauen
Ein ausreichend großer Puffer hilft, Fehler auszugleichen und deren Auswirkungen zu minimieren. Unternehmen sollten abwägen, wie viel Reserve notwendig ist, um Verzögerungen und Fehler effektiv aufzufangen. Diese Reserve kann dazu beitragen, dass Fehler tolerierbarer und weniger gravierend werden.
Zugespitzt
Führungskräfte haben einen erheblichen Einfluss darauf, wie viel Fehlertoleranz ihre Mitarbeitenden im Alltag leben. Sie können Ziele, Regeln und Standards setzen und Grenzen festlegen. Es ist jedoch wichtig, dass diese klar und verständlich kommuniziert werden und dass die Mitarbeitenden in die Entwicklung einbezogen werden. Eine positive Fehlerkultur fördert Kreativität, Eigenverantwortung und Innovation, was letztlich zu einer motivierenden Arbeitsatmosphäre und leistungsstarken Teams führt.
Was sollten Führungskräfte tun?
Sie sollten regelmäßig reflektieren, wie sie selbst mit Fehlern umgehen und welche Signale sie an ihr Team senden. Praxisbeispiele aus anderen Unternehmen können ebenfalls wertvolle Erkenntnisse liefern. Durch kontinuierliches Lernen und Anpassungen kann eine positive Fehlerkultur nachhaltig im Unternehmen verankert werden.
Eine effektive Fehlerkultur ist kein statischer Zustand, sondern ein dynamischer Prozess, der ständige Aufmerksamkeit und Pflege erfordert. Führungskräfte, die diesen Prozess aktiv gestalten, tragen maßgeblich zur Weiterentwicklung und zum Erfolg ihrer Teams und des gesamten Unternehmens bei.