Führungskultur: Was bleibt, wenn das Büro leer ist? – Mit 20 Reflektionsfragen zu Deiner Führungskultur

Führungskultur wird im Urlaub sichtbar
Die Büros sind verwaist.
Die Parkplätze sind fast leer.
Im Kalender der Führungskraft steht: „Urlaub“.
Im Kalender der meisten Teammitglieder steht: „Urlaub“.
Und was steht im Kalender Deiner Organisation? Auch Urlaub?
Gerade in den stilleren Wochen, wenn viele gleichzeitig im Urlaub sind, zeigt sich besonders deutlich, wie die Führungskultur in Deiner Organisation wirklich gelebt wird.
Wenn Du als Führungskraft nicht da bist, ist niemand da, der direkt führt, niemand, der sagt, was zu tun ist. Die Mitarbeitenden müssen selbst Entscheidungen treffen, flexibel reagieren, mit Unerwartetem umgehen.
Dann zeigt sich: Läuft das Team weiter? Oder gerät alles ins Stocken? Entstehen Konflikte, die sonst „unter der Decke“ gehalten werden?
Kultur ist das, was passiert, wenn keiner der Führungskräfte hinschaut
1. Gemeinsames Werteverständnis als Richtschnur
Ein gemeinsam geteiltes Werteverständnis dient Deinem Team als Kompass für Entscheidungen – gerade dann, wenn Du nicht da bist. Es ist die Grundlage für ein konstruktives, eigenständiges und vertrauensvolles Miteinander. Eine wirksame Führungskultur lebt nicht nur im Gespräch mit der Führungskraft, sondern wird vom gesamten Team getragen.
Wenn das Leitbild nicht nur in der Führungsetage bekannt ist, sondern in den Alltag übertragen wurde, dann handeln Mitarbeitende auch ohne „Aufsicht“ verantwortungsvoll gegenüber Kund*innen, Kolleg*innen und Dienstleistern. Dann ist Kultur mehr als ein Poster an der Wand.
Wertschätzung und Anerkennung werden nicht nur von oben nach unten verstanden, sondern gegenseitig gelebt.
Wer denkt, dass nur die Führungskraft Anerkennung ausdrücken muss, bleibt in hierarchischem Denken stecken. Dann verkommt Lob zu einer Machtgeste. Echte Anerkennung ist Teil der Kultur, kein Privileg.
Ich erinnere mich an zwei Szenen, die mir bis heute geblieben sind:
In einem Unternehmen stand ich mit meinem Workshop-Equipment am Aufzug. Die Reinigungskraft kam ebenfalls mit vollem Wagen. Ich bot an, dass sie zuerst fahre. Sie sagte freundlich: „Nein, wir stellen beide unsere Sachen rein, sie fahren nach unten und ich laufe.“
Wir gingen gemeinsam die Treppen runter, kamen ins Gespräch. Es war herzlich, unkompliziert, kollegial, obwohl ich nur eine Externe war.
Ganz anders in einem anderen Unternehmen: Ähnliche Situation, gleicher Fahrstuhl. Ich grüßte, lächelte, versuchte ein Gespräch. Die Reinigungskraft schaute weg, antwortete nicht. Ich hatte das Gefühl, zu stören. Und ich dachte: Was ist hier los?
Du merkst: Führungskultur zeigt sich genau dann, wenn keiner hinschaut. Unsere Werte, unsere Motivation und unsere innere Haltung bestimmen unser Handeln.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Sei Dir Deiner Vorbildrolle bewusst. Sprich mit Deinem Team nicht nur über Werte – lebe sie vor.
Achte darauf, wie Deine Haltung sich im Alltag zeigt und wie sehr sie im Handeln Deiner Mitarbeitenden wiederzufinden ist. Kultur entsteht nicht durch Anweisung, sondern durch gelebte Orientierung.
2. Kommunikationsverhalten
Kommunikation ist ein zentrales Element gelebter Führungskultur – und sie findet nicht nur zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden statt. Eine wirksame Kommunikation zeigt sich besonders daran, wie offen und regelmäßig der Austausch im gesamten Team funktioniert – auch ohne Deine direkte Beteiligung.
Wenn Teammitglieder sich gegenseitig Feedback geben, sich ansprechen, wenn etwas nicht gut läuft, und einander unterstützen, dann ist das ein klares Zeichen dafür, dass Vertrauen herrscht und eine Kultur der Weiterentwicklung etabliert ist.
In einer solchen Umgebung entsteht Lernen nicht nur „top down“, sondern auch „side to side“ – unter Kolleg*innen, im Dialog, in der gemeinsamen Verantwortung für gute Zusammenarbeit.
Meetings sind ein weiterer Indikator für Eure Kommunikationskultur.
Werden sie nur dann strukturiert und ergebnisorientiert geführt, wenn Du als Führungskraft dabei bist? Oder läuft das auch ohne Dich? Vielleicht sogar besser?
Wenn sich das Team auch in Deiner Abwesenheit gut organisiert, sich an Absprachen hält und produktiv arbeitet, dann zeigt sich: Hier ist Klarheit vorhanden – über Rollen, Ziele und Verantwortlichkeiten.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Schaffe Räume, in denen Feedback selbstverständlich ist. Fördere Formate, in denen das Team eigenständig reflektieren und sich weiterentwickeln kann.
Und beobachte: Was passiert, wenn Du nicht eingreifst? Wie stabil ist die Kommunikation dann – und was braucht es, damit sie auf diesem Niveau bleibt oder noch besser wird?
3. Konfliktfähigkeit
Konflikte gehören zum Arbeitsalltag – entscheidend ist, wie damit umgegangen wird. Eine reife Führungskultur zeigt sich daran, dass Teams in der Lage sind, Spannungen frühzeitig wahrzunehmen und eigenständig Lösungen zu entwickeln.
Sie brauchen keine ständige Moderation durch die Führungskraft, sondern übernehmen selbst Verantwortung für einen respektvollen Umgang und tragfähige Lösungen.
Wenn Teams in der Lage sind, Konflikte zu klären, sich im Zweifel selbst eine*n Moderator*in zu wählen und gemeinsam an der Lösung zu arbeiten, dann entsteht echte Handlungsfähigkeit – unabhängig von hierarchischen Entscheidungsinstanzen. Das stärkt nicht nur die Eigenverantwortung, sondern auch das Vertrauen im Team.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Fördere eine Kultur, in der Konflikte als Entwicklungschance verstanden werden. Ermögliche Lernräume für den Umgang mit Spannungen. Und beobachte: Wie reagiert Dein Team, wenn es knirscht – greifen sie auf bekannte Muster zurück oder gestalten sie bewusst eine neue Form des Miteinanders?

4. Verantwortung übernehmen
Wenn Führungskultur trägt, übernehmen Mitarbeitende Verantwortung – nicht nur für Aufgaben, sondern auch für das Ganze.
4.1. Kundenzufriedenheit bleibt konstant
Ein gutes Beispiel ist meine Marketing-Coach Ruth Urban. Auch wenn ich kurzfristig Termine wegen Kundenterminen verschieben muss: Kein Problem.
Sie fragt immer zuerst: Was brauchst Du gerade? Sie denkt mit, kümmert sich um mein leibliches Wohl, bringt sogar etwas zu essen mit. Spaziergang zwischendurch? Klar, aber nie auf Rechnung.
Sie will, dass ich erfolgreich bin – und sie trägt aktiv dazu bei. Das ist für mich Kundenorientierung pur. Ohne Rabatte, ohne Giveaways. Einfach Menschlichkeit und echtes Mitdenken.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Achte darauf, dass in Deinen Zielen und im Alltag immer wieder die Kundenorientierung im Vordergrundsteht.
Kundenorientierung ist ein verlässlicher Gradmesser dafür, wie eigenständig, mitdenkend und verantwortungsbewusst Mitarbeitende.
4.2. Entscheidungen werden selbstständig getroffen
In einer starken Führungskultur treffen Mitarbeitende Entscheidungen selbst – weil sie die Werte und Ziele kennen. Weil Vertrauen da ist. Und weil sie sich die Verantwortung zutrauen.
Das bedeutet: Entscheidungen werden dort getroffen, wo die Informationen und die Betroffenheit liegen. Das macht Prozesse schneller, die Umsetzung sauberer und das Engagement höher.
Führung wird dadurch nicht überflüssig, sondern anders: als Kulturgeberin, Raumhalter, Richtungsgeberin.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Sorge dafür, dass Deine Mitarbeitenden Klarheit über Rahmen, Spielräume und Ziele haben.
Ermutige sie, Verantwortung zu übernehmen, und unterstütze sie dabei, ihre Entscheidungskompetenz auszubauen.
Achte darauf, dass Rückdelegationen nicht erfolgreich sind, sondern Mitarbeitende ihre Aufgaben und Verantwortung selbst übernehmen.
So entsteht Selbstwirksamkeit – und echte Entlastung für Dich selbst.
4. 3. Fehlerkompetenz
Fehler gehören zum Arbeitsalltag – sie passieren, ob gewollt oder nicht. Doch entscheidend ist nicht, dass Fehler auftreten, sondern wie mit ihnen umgegangen wird. Eine reife Führungskultur erkennt man daran, dass Fehler nicht vertuscht, verdrängt oder individualisiert werden, sondern dass offen und gemeinschaftlich damit umgegangen wird.
Wenn Mitarbeitende den Mut haben, eigene Fehler anzusprechen, Verantwortung zu übernehmen und aus der Situation zu lernen, dann entsteht ein Umfeld, in dem Entwicklung möglich ist.
Noch kraftvoller wird diese Kultur, wenn Fehler nicht nur intern analysiert, sondern im Team geteilt werden – mit dem Ziel, kollektives Lernen zu ermöglichen. Teams, die ihre Fehler reflektieren und gemeinsam daraus Lösungen und Verbesserungen entwickeln, stärken ihre Zusammenarbeit und Resilienz.
Angstfreies Arbeiten ist dabei kein Bonus, sondern Voraussetzung: Nur wer sich sicher fühlt, kann Fehler zugeben, ohne negative Konsequenzen fürchten zu müssen.
Diese psychologische Sicherheit zu schaffen, ist eine Kernaufgabe von Führung. Sie zeigt sich nicht durch bloße Fehler-Toleranz, sondern durch aktives Fördern einer offenen und wertschätzenden Fehlerkultur.
Für Dich als Führungskraft heißt das:
Sei Vorbild. Sprich über eigene Lernmomente. Reagiere konstruktiv auf Fehler im Team.
Und ermögliche Formate, in denen gemeinsam reflektiert und gelernt werden kann. Denn nur so wird aus einem Einzelfehler ein kollektiver Entwicklungsschritt – und aus Angst Vertrauen.
Kultur-Check im Sommer: 20 Reflexionsfragen für Deine Führungskultur
Führungskultur ist also kein leeres Versprechen, sondern ein wesentlicher Teil von erfolgreichen Unternehmen.
Deshalb lade ich Dich ein, checke selbst, wie tragfähig Eure Kultur wirklich ist: Was ist liegen geblieben? Was wurde gelöst? Wie wurde miteinander umgegangen, während Du nicht da warst?
Diese 20 Reflexionsfragen helfen Dir und Deinem Führungsteam Deine Führungskultur klarer zu sehen – nicht die gewünschte, sondern die gelebte.
Sie laden Dich ein, auch das Verhalten Deiner Mitarbeitenden zu beobachten und daraus Rückschlüsse auf Deine eigene Führung zu ziehen.
Was bleibt bei Euch, wenn niemand hinschaut?
1. Haltung und Werte – Wofür stehst Du wirklich?
- Wie zeigt sich Deine Haltung im Alltag – und spiegelt sie die Werte aus Eurem Leitbild?
- Welche Entscheidungen hast Du zuletzt getroffen – und welche Werte waren dabei für Dein Team sichtbar?
- Woran erkennst Du, dass Deine Werte auch von Deinen Mitarbeitenden mitgetragen oder übernommen werden?
- In welchen Momenten erkennst Du im Verhalten Deiner Mitarbeitenden ein Spiegelbild Deiner eigenen Haltung – im Positiven wie im Herausfordernden?
- Fühlen sich Deine Mitarbeitenden in der Lage und befähigt, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen, die im Sinne des Unternehmens sind – oder suchen sie lieber Rückversicherung?
➡️ Achte darauf, ob Deine Haltung Orientierung gibt. Wenn Deine Werte nicht in den Handlungen Deiner Mitarbeitenden sichtbar werden, lohnt es sich zu fragen: Was lebst Du vor – bewusst oder unbewusst?
2. Kommunikation und Feedback – Was prägt den Dialog?
- Wie ermutigst Du Dein Team, Dir kritisches Feedback zu geben – und wie gehst Du damit um, wenn es kommt?
- Wie oft gibst Du konstruktives, ehrliches Feedback – nicht nur auf Leistung, sondern auch auf Haltung und Zusammenarbeit?
- Welche Themen werden offen angesprochen – und worüber wird in Deinem Team lieber geschwiegen?
- Gibst Du Deinen Mitarbeitenden Raum, sich gegenseitig Feedback zu geben – und beobachtest Du, dass dieses Feedback dem gemeinsamen Wachstum dient?
- Welche Kommunikationsmuster beobachtest Du im Team – und was sagen sie über Deinen Einfluss als Führungskraft aus?
➡️ Beobachte nicht nur Deine Kommunikation, sondern auch die Qualität des Austauschs im Team. Eine gesunde Führungskultur erkennt man daran, dass nicht nur Du entwickelst – sondern dass sich das Team auch untereinander weiterentwickelt.
3. Entscheidungen und Verantwortung – Wie wird Führung bei Dir gelebt?
- Wie konsistent triffst Du Entscheidungen – und spiegeln sie die Werte und Prinzipien aus dem Leitbild wider?
- Ist für Dein Team klar, in welchen Fällen Du entscheidest – und in welchen sie selbst entscheiden dürfen (oder sollen)?
- Wie transparent kommunizierst Du Deine Entscheidungsgrundlagen?
- Was sagt das Entscheidungsverhalten Deiner Mitarbeitenden über Dein Zutrauen in ihre Kompetenz aus?
- Wo merkst Du, dass Verantwortung bei Dir hängen bleibt – und was hat das mit Deinem Führungsverhalten zu tun?
➡️ Achte darauf, wie oft Deine Mitarbeitenden Verantwortung wirklich übernehmen – und wann sie Rückdelegieren. Das zeigt Dir, wie sehr Du wirklich loslässt – oder ob unklare Führung sie eher in Abhängigkeit hält.
4. Zusammenarbeit und Vertrauen – Wie geht ihr miteinander um?
- Wie viel Entscheidungsfreiheit gibst Du – und wie sicher fühlen sich Deine Mitarbeitenden dabei?
- Wie geht ihr mit Fehlern um – und was vermittelst Du selbst durch Dein Verhalten, wenn etwas schiefläuft?
- Erlebst Du, dass Deine Mitarbeitenden voneinander lernen und sich gegenseitig weiterbringen – oder dass alle auf Deine Impulse warten?
- Wie wird bei Euch mit Unterschiedlichkeit (z. Persönlichkeitsstile, Arbeitsweisen, kulturelle Hintergründe) umgegangen?
- Welche Gesten, Rituale oder Formen der Anerkennung hast Du etabliert – und wie stärken sie den Zusammenhalt im Team?
➡️ Achte darauf, ob sich Entwicklung im Team auch ohne Dich entfaltet. Eine starke Führungskultur zeigt sich daran, wie viel gegenseitiges Zutrauen und kollegiale Entwicklung auch unterhalb der Führungsebene passiert.

Zugespitzt
Was bleibt nach dem Sommer? Führungkultur ist kein Projekt
Führungskultur ist kein Projekt. Sie ist ein Prozess. Ständig in Bewegung. Geformt durch Menschen, Teams, Dynamiken, Marktentwicklungen.
Und genau deshalb kann es passieren, dass das Wesentliche aus dem Blick gerät. Dass Leitbilder überholt sind. Dass Kultur neu gedacht werden muss.
Führungskräfte, die mit ihrem Team Kultur reflektieren, stärken nicht nur Zusammenarbeit und Vertrauen. Sie schaffen Resilienz. Freude an der Arbeit. Und eine Ausrichtung, die auch durch schwierige Zeiten trägt.
Führungskultur weiterdenken mit Raum und Resonanz
Ob Workation, Kulturanalyse oder klassische Organisationsentwicklung: Ich begleite Euch dabei, Eure Führungskultur sichtbar, reflektiert und zukunftsfähig zu gestalten.
Denn echte Entwicklung braucht Raum – und Resonanz.
Du bist neugierig geworden und möchtest wissen, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte?
Dann lass uns ins Gespräch kommen. In einem unverbindlichen Informationstermin lernen wir uns kennen, klären erste Fragen und finden gemeinsam heraus, was für Dich und Dein Unternehmen passt.
Hier geht´s zur Terminvereinbarung: https://fuehrungs-spitze.com/kalender/
Ich freue mich auf Dich!
Herzliche Grüße
Claudia Weiler